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Chorwettbewerb "Eisteddfod 1993" in Südafrika
24. September - 03. Oktober 1993
Wer Chorsingen nicht nur als entspannendes Freizeitvergnügen sondern als verantwortungsvolles künstlerisches Tun betreibt,
kommt nicht umhin, sich in bestimmten zeitlichen Abständen mit anderen leistungsorientierten Chören zu messen, um damit das
eigene künstlerische Niveau objektiver einordnen zu können. Sich einer Fachjury zu stellen, ist demnach für Chöre ab einer
bestimmten Leistungsstufe unumgänglich. Etwa im Abstand von jeweils zehn Jahren hat sich der A-cappella-Chor solchen
internationalen "Prüfungen" gestellt und zwar 1978 mit dem BBC - Wettbewerb "Let the people sing" (3. Preis unter 17 Nationen),
1982 beim Internationalen Chorwettbewerb "Walther von der Vogelweide" in Innsbruck (1. und 2. Preis) und 1993 durch die
Teilnahme am "Internationalen Eisteddfod" in Roodepoort bei Johannesburg/Südafrika.
Die Einladung zu diesem derzeit größten Musikwettbewerb der Welt, an dem ca.7000 Sänger, Musiker und Tänzer aus allen Sparten
der Musik teilnehmen, erging an den A-cappella-Chor Villach vom Kulturreferenten der Kärntner Landesregierung Dr. Peter
Ambrozy. Unter 27 Nationen sollte unser Chor nicht nur die Farben sondern auch die weltweit anerkannte hohe Chorkultur
Österreichs vertreten. Da die Finanzierung und damit die endgültige Entscheidung zur Teilnahme erst im Juni geklärt werden
konnte, war die Vorbereitungszeit kurz bemessen. Wir entschlossen uns, in vier Kategorien anzutreten, nämlich als gemischter
Chor, Frauenchor, Kirchenchor und Volksliedchor.
Für die beiden ersten Bewerbe waren Pflichtchöre einzustudieren. Dieses Großprojekt zwang uns, die Sommerpause auf drei
Wochen zu reduzieren. Solide vorbereitet traten wir am 24. September, begleitet von Brauchtumssekretär Sepp Prugger und
Südafrikakenner Manfred Planegger die Reise über den Äquator an.
Das Eröffnungskonzert im ca. 3500 Besucher aufnehmenden Festzelt und ein Festzug durch die Stadt ließen uns die Dimensionen
dieses Musikfestivals erahnen. Da wir erst am 30. September unser erstes Konzert zu bestreiten hatten, nützten wir die Zeit
zu einer mehrtägigen Besichtigungsfahrt durch das Land, wobei wir mit dem "afrikanischen Las Vegas" Sun City und einem
Flüchtlingslager im Grenzgebiet zu Mocambique die extremen Pole dieses immer wieder von Krisen geschüttelten Landes
kennenlernten.
Ein unvergeßliches Naturerlebnis schenkten wir uns mit einem Besuch des Kruger National Parks, der uns vorübergehend die
Probleme der Menschen in diesem Land vergessen ließ. Ein Goldbergwerk und eine High School in einem Homeland waren weitere
Schwerpunkte unserer Rundreise. Ein Tagesausflug in die Hauptstadt Pretoria ließ uns im Voortreeker Denkmal die wechselvolle
Geschichte dieses nunmehr nach Befriedung ringenden Landes nachempfinden. Am Abend lud uns der Administrator (Landeshauptmann)
von Transvaal, Mr. Hough, zu einem Konzert in die Residenz ein. Bei der abschließenden "Landeshymne" "Sarie Marais" entpuppte
sich der musikalische Gastgeber als begabter "Gastdirigent" des Chores.
Am nächsten Tag, dem 1. Oktober, hatten wir uns in den Kategorien "Kirchenchor" und "Volksliedchor" erstmals der
internationalen Fachjury zu stellen. Mit Werken von Heinrich Schütz, Anton Bruckner und Hans Haselböck sowie deutschen
Volksliedern in der Bearbeitung von Günther Mittergradnegger und ausgewählten Kärntner Liebesliedern erreichten wir jeweils
den 2. Platz in der sogenannten "Golden Class".
Noch erfolgreicher verlief der nächste Tag, wo wir in der Kategorie "Gemischter Chor" wieder in der bestbewerteten Klasse
(Goldmedaille) eingestuft wurden und mit dem "Frauenchor" bei 95 von 100 erreichbaren Punkten sogar die Goldene Trophäe
ersangen. Mit dieser Punktezahl lagen wir im Gesamtbewerb (7000 Teilnehmer!) an 2. Stelle. Die verbale Beurteilung der vier
Juroren (USA, England, Frankreich, Afrika) sparte nicht mit Lob.
Ein sehr farbenprächtiges Erscheinungsbild des Chores - ein sehr ausgeglichenes Ensemble - offensichtlich sehr gut
vorbereitet und einstudiert. Das Gestalten der Phrasen ist wunderbar gelungen. Ein beeindruckender Chorleiter, der die
Stimmen entfalten läßt, sie aber gut unter Kontrolle hat. Dieser Chor demonstriert, wie guter Chorgesang sein soll. Das
Ensemble strahlte eine Dynamik und Vitalität aus, die ein Publikum so selten zu spüren bekommt. Ein Dankeschönfür diese
wunderschöne Aufführung!
Am Sonntag hatten wir noch Gelegenheit, einen calvinischen Gottesdienst mitzugestalten und am Nachmittag im gutbesuchten
"Österreicher Club" mit unseren Liedern heimatliche Stimmung zu verbreiten.
Am 4. Oktober traten wir die Rückreise nach Österreich an. Die intensive Probenarbeit, die auch in Afrika noch fortgesetzt
worden war, und die Einsatzfreude der Sängerinnen und Sänger hatten sich gelohnt und zu diesem ungewöhnlichen Erfolg
geführt. Das würdigten auch die Medienberichte und Glückwunschtelegramme von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie
z. B. jenes von Landeskulturreferent Dr. Peter Ambrozy:
... Die Qualität der Darbietung auf internationaler Ebene hat bewiesen, daß die offizielle Entsendung Ihres Chores zum
Chorwettbewerb in Roodepoort mehr als gerechtfertigt war. Beispielgebend für alle Chöre Kärntens darf ich zu Ihrem Erfolg
nocheinmal gratulieren und verbleibe ... Ihr Dr. Peter Ambrozy
Text entnommen aus der Festschrift "30 Jahre A cappella Chor Villach"
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